Tabak kam bereits als grüner Bioreaktor für die großtechnische Produktion von pharmazeutischen Proteinen (z.B. humanes Erythropoietin, humanes Interleukin 10, Hepatitis-B-Oberflächenantigen, Insulin und viele andere), von industriellen Enzymen (e.g. Alpha-Amylase, Endoglucanase 1, Xylanase und Phytase) sowie von Biopolymeren und Plattformchemikalien (Elastin-ähnliche Polypetide (ELP), Spinnenseidenproteine (Spidroins), Kollagene, Pflanzengummis und viele andere). Die Pflanzen können ohne besondere Anforderungen an Boden und Umwelt auf Grenzertragsböden angebaut werden und liefern unter optimalen Bedingungen und Anbaumethoden bis zu 16-32 Tonnen Blatttrockengewicht (dw) pro Jahr und ha. Die Pflanze steht somit nicht in Konkurrenz zu anderen Kulturpflanzen.

Dieses Projekt wird den Anbau und die Verwendung von mit Cyanophycin angereichertem Tabak als wichtige und wirtschaftliche Protein- und Nährstoffquelle erforschen und fördern. Daher werden wir uns mit Non-Food- und Futtermittelanwendungen sowie, als wirtschaftliche und reichhaltige Biomassequelle, mit der Umwandlung in Biokraftstoffe und Biomaterialien befassen.

Die Entwicklung einer mit Cyanophycin angereicherten Tabakpflanze mit der Bezeichnung SL632 kann konkrete Lösungen für verschiedene Herausforderungen im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit liefern, wie z.B. die Zunahme der Weltbevölkerung, die Begrenzung des Ackerlandes, das durch den Klimawandel bedroht wird, und die zunehmende Umweltverschmutzung.

Die Entwicklung von CGP-basierten Nebenprodukten des Tabaks ermöglicht eine effizientere Nutzung der biologischen Ressourcen. So kann das CGP zusätzlich zur derzeitigen Nutzung der Tabakpflanze in nützliche Biomaterialien wie Polyasparaginsäure und Diaminobutan-Polymere umgewandelt werden und dient als Ersatz für eine breite Palette von derzeit auf fossilen Brennstoffen basierenden Produkten, aber auch als Bestandteil der essentiellen Aminosäure Arginin in Futtermitteln, Kosmetika usw.

Die Tabaksorte SL632 enthält erhebliche Mengen an Öl, Protein und Fasern und hat ihre Verwendung in Biobrennstoff, Tierfutter, Papier und Zellstoff nachgewiesen. Da diese Pflanze in Gebieten wächst, in denen keine Grundnahrungsmittel angebaut werden können, steht SL632 nicht im Konflikt mit der Nahrungsmittelproduktion und bietet eine alternative Option für den Anbau von Rauchtabak sowie die Auswahl der Optionalität von Nebenprodukten. Sie hat klare Vorteile gegenüber anderen auf Pflanzenöl basierenden Biokraftstoff-Rohstoffen, die derzeit auf dem Markt erhältlich sind, z.B. Palm- oder Sojaöl.

Die Herstellung nachhaltiger Zusatzstoffprodukte in der ölproduzierenden, nikotinfreien Sorte SL632 ist daher ein hervorragendes Modell für neuartige Ansätze im Tabakanbau. Mit 2-3 Ernten pro Saison produziert SL632 hohe Mengen an Saatgut und Biomasse. Die Samen werden zu einem Drittel Öl (geeignet für Biokraftstoff, Biokunststoffe, Tierfutter) und zwei Drittel proteinreichem Ölkuchen (ausgezeichnet als Tierfutterintegrator mit 30% Proteingehalt) ausgepresst. SL632-Öl eignet sich sehr gut für die Herstellung von Biodiesel und Biokunststoffen, hat aber in letzter Zeit auch große Aufmerksamkeit als Ausgangsmaterial für nachhaltigen Bio-Luftfahrtkraftstoff erhalten. Die Herstellung des CGP durch SL632-Tabakpflanzen und die damit verbundenen Verarbeitungsschritte werden einen wichtigen Beitrag der modernen Biotechnologie zur Entwicklung der biobasierten Wirtschaft leisten. Sie wird zu einer Aufwertung der biotechnologischen Prozesse führen und in bestehende industrielle Prozesse integriert werden. Dies wird die Entwicklung innovativer, umweltverträglicher industrieller Verfahren zur Herstellung biobasierter Produkte aus Biopolymeren/Biomaterialien und Aminosäuren für die Nahrungs- und Futtermittelindustrie ermöglichen und zu einem nachhaltigen Wachstum beitragen. Darüber hinaus integriert es den Produktionsprozess in die landwirtschaftlichen Systeme in Argentinien, wo die Tabakpflanzen als Zwischenfrucht eingeführt werden können. Dies bereichert das landwirtschaftliche Produktionssystem und trägt zu einer größeren Vielfalt an landwirtschaftlichen Nutzpflanzen und zu einer verbesserten Bodenerhaltung bei. Die Nebenprodukte der Tabakverarbeitung werden dem System als organischer Dünger wieder zugeführt, was einen zusätzlichen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leistet. Sowohl die aus der CGP gewonnenen Produkte als auch ihre Verwendung erhöhen die nachhaltige Produktion und Umwandlung von Rohstoffen und Bioressourcen und tragen zur Wertschöpfung des landwirtschaftlichen und biobasierten Industriesektors bei. Die Produktion des Tabaks wird hauptsächlich in Argentinien und anderen lateinamerikanischen Ländern stattfinden, in denen der Agrarsektor von erheblicher Bedeutung ist. Die Produktion von Tabak wird zusätzliche Einkommensmöglichkeiten für die landwirtschaftlichen Haushalte schaffen und die ländliche Entwicklung stärken. Zu den wichtigsten Märkten für CGP-abgeleitete Produkte gehören Kosmetika und Haushaltsprodukte, der Tierfutter- und Tierproduktionssektor.

Trotz aller potentiellen Vorteile dieser Technologie ist eine Umsetzung der CGP-produzierenden SL632 nicht gesichert, da die Biotechnologien allgemein diskutiert werden und in vielen Ländern eine kontroverse Debatte stattfindet. Darüber hinaus sind der Forschungsprozess, seine Ergebnisse und die Umsetzung der Ergebnisse in ein komplexes Umfeld mit schnellen technologischen Entwicklungen, wechselndem Informationsstand und divergierenden Interessen und Forderungen der verschiedenen Interessengruppen eingebettet.

Wir befassen uns daher mit den sozialen und ökologischen Dimensionen der Biotechnologie durch die Interaktion mit den wichtigsten Interessengruppen (politische Entscheidungsträger, Journalisten, NGOs, EU-Bürger usw.), um Informationen über Bedenken zu sammeln, das Wissen der Interessengruppen zu erfassen und einen Dialog zu fördern. Wir gewinnen ihre Einsichten und entwickeln reflektierende Routinen, um die Bedenken der Interessenvertreter zu bewerten, zu koordinieren und zu behandeln und so praktische Implikationen für die Verbesserung der Akzeptanz des Projekts abzuleiten. Die projektbegleitende Interaktion mit den Interessenvertretern und der allgemeinen Öffentlichkeit bietet eine Grundlage für das Management der Beziehungen zu den Interessenvertretern und die Kommunikationsbemühungen.